Freitag, 28. September 2012

Capweazle



Lieber Tagesbuch,
neulich saß ich an meinem Laptop und habe mal wieder bei Facebook reingeschaut. Lieber Tagesbuch, wenn du noch nicht bescheuert bist, dann wirst du es da auf jeden Fall.  Ein paar virtuelle Freunde hatten mich da angestupst und dann kann man die entweder zurückstupsen oder es halt bleiben lassen. Ab und an kommt doch auch mal eine Freundschaftsanfrage rein und meist von Leuten, die ich überhaupt nicht kenne. Da war eine Freundschaftsanfrage von einer Holländerin dabei, die bei den zwei Brüdern von Venlo arbeitet und weil ich da schon mal einkaufe, wollte die mich bestimmt in ihre Freundesliste aufnehmen. Die meisten Freundschaftsanfragen lehne ich ab oder ignoriere sie einfach und manchmal frage ich mich, ob ich deswegen unfreundlich bin. Manche habe ich auch angenommen, aber meistens kenne ich die auch tatsächlich und von dem Zeitpunkt, an dem ich sie angenommen habe, kann ich an ihrem Leben teilhaben. Das fängt beim Frühstück an, also, ob die Freunde frühstücken oder nicht und wenn ja, was sie frühstücken und warum es an manchen Tagen nicht so schmeckt wie an anderen Tagen. Wer ein richtiger Facebooker ist, der macht mit seinem Smartphone ein Foto von seinem Müsli und zeigt die Köstlichkeit seinen Freunden. Innerhalb von Sekunden gefällt vielen Freunden dieses Foto und wird prompt mit Kommentaren versehen, wie zum Beispiel: „ Das ist das schönste Müsli, was ich je gesehen habe.“ Oder „ Ich kann leider Müsli nicht so gut vertragen, weil das meine Darmfauna und -flora durcheinander bringt.“
In den meisten Fällen gefällt dem Bildreinsteller der Kommentar und er antwortet darauf oder er klickt auf den so genannten gefällt mir Button oder er macht Beides.  Also mir hat noch kein Müslibild gefallen und wenn ich manchmal „ja und, was soll das?“ da drunter schreiben möchte, habe ich solche Kommentare bisher unterlassen. So ziehen sich die ganzen Veröffentlichungen über den ganzen Tag.  Von Frühstück über Kinder zum Kindergarten oder zur Schule bringen, die Fahrt zur Arbeit, ob mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder aber mit dem Auto, was aber meistens mit einem Stau gleich zu setzen ist, der wiederum bei den virtuellen Freunden Begeisterung auslöst. Man kann ja froh sein, wenn die Leute bei der Arbeit sind und nicht frei haben, denn frei zu haben ist in den meisten Fällen mit Aktivitäten gleich zu setzen, die selbstverständlich der Facebookwelt zur Verfügung gestellt werden. Am Anfang war das ganz witzig, aber mittlerweile kann das auch schon mal nerven, wenn sich alle so virtuell gern haben und jeder jedes Posting gut findet, ob es ein Stau oder ein Müsli ist, voll bescheuert. Früher habe ich eine Zeitung am Kiosk oder im Zeitschriftenladen gekauft und dann zuhause oder im Büro oder sonst wo gelesen. Heute kann man alle Neuigkeiten, sprich alle Zeitungsartikel online lesen und die Steigerung dazu ist, dass man die Artikel, die einen besonders interessieren oder besonders gefallen oder aufregen bei Facebook reinstellen kann und mit Freunden und Bekannten teilen kann und diese können das dann liken und kommentieren und wiederum mit ihren Bekannte teilen. Catweazle würde diese Links und Fotos und Herzen und Glücksnüsse und Anstupser für magische Zeichen halten und nach anfänglicher Skepsis, sich garantiert dieser kraftvollen Magie nicht entziehen könnte. Jetzt habe ich Catweazle erwähnt lieber Tagesbuch und wahrscheinlich kennst du den angelsächsischen Zauberer gar nicht. Ursprünglich lebte er im 11. Jahrhundert, wurde aber durch irgendeinen billigen Zaubertrick in die siebziger Jahre nach England verschlagen und erlebte dort die Tücken der modernen Welt. Das ist vergleichbar mit mir, der die ganzen Dinge der Facebookwelt erlebt und manchmal nicht weiß, was Wahrheit und was Fantasie ist. Manchmal denke ich sogar, dass die Leute dort wohnen, voll bescheuert. Ich könnte dir noch stundenlang von meinen Erlebnissen dort berichten, aber ich glaub, du willst das alles gar nicht wissen, lieber Tagesbuch. Ich schick dir noch tausend Herzen, zwei Glücksnüsse und einen warmen Händedruck. Ach ja, eigentlich war mein Tag nicht so besonders gut heute, ach Mist jetzt ist ja schon wieder ein neuer Tag und ich mein ja den gestrigen Tag, aber auch egal und vielleicht stell ich gleich bei Facebook doch mal ein Müslibild rein oder schreibe, dass ich im Stau stehe, oder teile  mit meinen Freunden die Wettervorhersage, und dann gefällt das vielleicht ein paar Leuten und dann gefällt mir das Gefallen der Leute wieder und schon geht es mir wieder gut, voll einfach lieber Tagesbuch.
Wahrscheinlich habe ich jetzt die hohe Kunst der Orthografie nicht zur Genüge beachtet und den ein oder anderen Buchstaben vergessen, aber das passiert bei so einem eifrigen Gefecht schon mal.

Bis neulich

Mütze

1 Kommentar:

  1. mir fehlt bei dem ganzen catgewiesel die kühlwalda!
    http://i54.photobucket.com/albums/g95/speckstein65/catweazleFrosch.jpg

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