Freitag, 23. November 2012

Der Spieler




Lieber Tagesbuch,
  


Ich hab dir noch gar nicht erzählt, dass ich wieder angefangen habe zu trainieren. Jeden Sonntag fahre ich von Grefrath nach Lobberich und treffe mich dort mit Roland, um gemeinsam um die Seen zu laufen. Roland ist ein erfahrener Läufer und durch und durch trainiert also quasi richtig durchtrainiert und er hat auch Spaß am Laufen. Bei mir trifft das eher nicht so und du weißt ja, dass ich versuche zweimal in der Woche Fußball zu spielen, aber du weißt auch, dass es meist beim Versuch bleibt. Und meine Konstitution also meine Ausdauer ist auch nicht die beste und deswegen bin ich kein typischer Langstreckenläufer und eigentlich auch kein Kurzstreckenläufer also eher gar kein Läufer, voll bescheuert. Als ich acht Jahre alt war, da habe ich sogar mal bei einem Wettrennen gewonnen. Auf dem Weg vom Fußballtraining kam ich auf dem Marktplatz in Lobberich vorbei. OK, eigentlich hatten wir da gar keinen Marktplatz sondern nur einen Parkplatz, voll bescheuert. Auf jeden Fall veranstaltete dort ein Supermarkt  im Rahmen eine Werbeveranstaltung mit einem großen Mineralwasserhersteller aus Gerolstein Wettrennen. Ich sag dir jetzt nicht um welche Marke es sich bei dem Mineralwasser handelt, denn ich will ja hier keine schleichende Werbung machen. Es mussten sechs Teilnehmer drei Runden um den Parkplatz laufen und wer als erster im Ziel war, der hatte logischerweise gewonnen. Da ich noch etwas Zeit bis zum Abendessen hatte, machte ich einfach mit und wie es der Zufall so wollte, erreichte ich das Ziel als erster und hatte zwei Kästen Mineralwasser gewonnen, voll bescheuert.  Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen, denn ich musste zusätzlich zu meiner Sporttasche noch zwei Kästen Mineralwasser transportieren. Wenn ich mit Roland laufe, dann kann ich aus Erfahrung nichts gewinnen, aber wie sagt man am Niederrhein immer so schön?
„Wer viel erfährt, macht nichts verkehrt.“
Früher habe ich bei solchen Spielen immer viel gewonnen, aber da war ich auch noch klein und war nicht verliebt. Es heißt ja:  „Wer viel spielt, der hat keine Zeit mehr für die Liebe“ oder so ähnlich. Aber in dem Alter von acht Jahren hatte ich gerade mal gelernt wie man Liebe schreibt, aber das war auch schon alles.
Da ich mit der Liebe noch nichts an der Mütze hatte, konnte ich auch noch viel gewinnen und so gewann ich neben dem Mineralwasser unter anderem noch einen Jogginganzug. Also nicht bei einem Wettrennen auf einem Parkplatz, sondern beim Torwandschießen im Rahmen des Sommerfestes unseres Fußballvereins. Ach ja, bei dem wöchentlichen Quiz unserer lokalen Zeitung, in der eigentlich nur Käse stand, also dem so genannten Käseblättchen, machte ich immer mit. Da musstest du Musikfragen beantworten und  die richtige Antwort mit einer Karte per Post an die Redaktion der Zeitung schicken. Früher gab es ja noch kein Internet, da schrieb man noch richtige Briefe und keine Mails und wenn du an Gewinnspielen teilnehmen wolltest, dann musstest du halt eine Postkarte ausfüllen und wegschicken. Bei dem Gewinnspiel des Käseblattes habe ich mindestens einmal im Monat gewonnen und zwar eine Jeans, entweder der Marke Levis oder Lois. Ich hatte nach einem Jahr so viele Jeans, dass ich die  gar nicht alle anziehen konnte, voll bescheuert. Und wenn ich zwar gewinne, aber mit den Preisen nichts anfangen kann, dann habe ich auch keine Lust mehr gehabt an dem Quiz teilzunehmen.
Dafür habe ich dann irgendwann die Lust an den Geldspielautomaten entdeckt. Wenn ich mal mit meinem Papa in einer Imbissbude war und wir für die Familie Pommes mit Currywurst holten, was eher selten vorkam, dann reizte mich das Blinken und auch mein Papa merkte, wie ich fasziniert vor dem Spielautomaten stand. Ich brauchte ihn nur anzuschauen und er warf eine Mark in den Automaten. Irgendwann an einem Sonntagabend, als mein Papa 18 Mark bezahlen sollte und ich am Automaten fast 30 Mark gewonnen hatte, meinte der Besitzer des Imbisses zu meinem Papa: „ Wenn du den Zwerg die nächsten Male nicht mehr mitbringst, dann gehen die Pommes aufs Haus.“  Da der Vorschlag ziemlich blöd war, ging ich beim nächsten Mal natürlich wieder mit und musste aber feststellen, dass der Imbissbudenbesitzer ein Spielverderber war und den Automaten entfernt hatte, voll bescheuert.
Irgendwie gewinne ich nicht mehr und das kann  daran liegen, dass ich nicht mehr spiele oder daran, dass ich mittlerweile nicht nur weiß, wie man Liebe schreibt oder an einer Kombination aus beiden Tatsachen zusammen also quasi eine niederrheinische Kombination, nicht zu verwechseln mit der nordischen Kombination beim Wintersport. In meinem Kopf habe ich gerade ein Lied von Achim Reichel. Der hat Lieder von fliegenden Pferden, Rolltreppen, Seemännern und eben auch von einem Spieler gesungen.

Komm rüber Spieler
Spieler, komm rüber.
Dieses Spiel hast du frei - Spieler komm rüber.
Denn wenn du mich erst hast
bist du frei
und dieses Spiel spielen zwei.

Ach ja, auch nächsten Sonntag werde ich wieder zu Roland fahren und gemeinsam mit ihm um die Seen laufen über Fußball, Musik und alle möglichen Dinge reden und vielleicht werde ich eines Tages doch noch Spaß an der Joggerei haben und da wir ja zu zweit laufen, gilt auch hier die berühmte Mützenregel:
Laufen ist wie Sex – Allein macht es weniger Spaß




Bis neulich

Mütze

2 Kommentare:

  1. the gambler!

    ich bin immer wieder erfreut, so viel über lebensweisheiten zu erfahren - nirgendwo gibt es so viele wie hier!

    danke mütze!

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  2. "Der Spieler" mein absolutes Lieblingslied von Achim Reichel....Mensch, nun habe ich wieder mal einen Ohrwurm. Mütze das bist du Schuld, wie so vieles andere auch... ;-)
    Mach weiter so!

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